Auf dem Franziskusweg pilgern wir zu den Wirkungsstätten des Heiligen und erleben dabei die Landschaft der Toskana und Umbriens. Ziel unseres Weges ist Assisi, das aufgrund seiner Kirchen, seinem mittelalterlichen Stadtbild und seiner Befestigungsanlage zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt.
Der heilige Franziskus von Assisi hat in ganz Mittelitalien seine Spuren hinterlassen. Die meisten seiner Wirkungsstätten liegen in der malerischen Landschaft der Toskana und Umbriens. Der Franziskusweg verbindet diese Orte und führt dabei meist durch unberührte Natur und abwechslungsreiche Kulturlandschaft auf dem Höhenzug des Apennin entlang. Dabei passieren wir Klöster, kleine Dörfer und Städte mit kulturellen Highlights, die von der langen weltlichen und geistlichen Geschichte der Region zeugen.
In Assisi, dem Geburts- und Sterbeort Franziskus’ beenden wir unseren Pilgerweg. Wer möchte, kann diesen aber auch noch bis Rom fortsetzen. Bisher ist der Franziskusweg nur zwischen Gubbio und Assisi einheitlich ausgeschildert. Zusätzliche Informationsquellen wie gps-track, Wanderkarten oder Reiseführer sind daher unbedingt notwendig. Die Strecke bis Assisi kann in 14 Tagesetappen zurückgelegt werden.
Personalausweis/Reisepass, Auslandskrankenschein, festes Schuhwerk zum Wandern, Badeschlappen, Sonnenschutz, Regenschutz, Essens- und Trinkwasservorräte, Schlafsack, Zelt, evtl. Isomatte, Nähzeug, Taschenmesser, Stirn-/Taschenlampe, Reiseapotheke, Handwaschmittel. Der Rucksack sollte nicht mehr als 10 kg bei Männern und 8 kg bei Frauen wiegen.
Eigentlich startet der Franziskusweg in Florenz an der Kirche Santa Croce, der Kirche der Franziskaner in Florenz. Hier, in einem Armenviertel der Stadt, soll der heilige Franziskus einige Hütten und eine Kapelle errichtet haben. Hinter einer Glasscheibe kann man die braune Kutte bewundern, die der Heilige getragen haben soll. Da die erste Wegstrecke von Florenz bis Sant’Ellero komplett unter Asphalt begraben ist und sich nicht zum Wandern eignet, legen wir sie mit dem Zug zurück und starten am Bahnhof von Sant’Ellero, das etwa 30 Autominuten von Florenz entfernt am Fluss Arno liegt.
1. Etappe:
Von dort geht es in westlicher Richtung hinauf in die Berge des Apennins. Unser erstes Etappenziel ist die kleine Ortschaft Consuma auf der gleichnamigen Passhöhe, über die wir im weiteren Wegverlauf das abgelegene und touristisch weitgehend unerschlossene Gebirgstal Casentino erreichen. 500 Jahre lang war die Gegend im Besitz einer großen Adelsfamilie, bis es 1440 an Florenz fiel.
2. Etappe:
In wechselndem Auf und ab geht es heute ins mittelalterliche Städtchen Stia, das von tiefen Wäldern umgeben an den Hängen des Monte Falterone liegt und bis ins 19. Jahrhundert für seine Wollspinnerei bekannt war. In den letzten Jahren fand eine Rückbesinnung auf die lange Tuchmachertradition statt. Verfallene Fabrikgebäude werden restauriert, die typischen Stoffe wieder produziert und als Kleidung oder Accessoires verkauft. Im Hauptgebäude der Fabrik ist ein kleines Museum untergebracht. Im Zentrum von Stia können wir außerdem schöne alte Bauwerke sowie die reich ausgestattete, romanische Kirche Santa Maria Assunta sehen.
3. Etappe:
Auf unserem weiteren Weg durch den Nationalpark Foreste Casentinese, der neben dem Casentino auch die umliegenden Gebirgszüge umfasst, gelangen wir nach Camaldoli. Die Siedlung besteht aus einem Kloster, zwei Herbergen, dem Infozentrum der Nationalparkverwaltung und einem Campingplatz. Nicht weit entfernt befindet sich eine Einsiedelei. In dem Kloster, das 1024/25 vom heiligen Romuald, einem Benediktinermönch, gegründet wurde, soll sich der heilige Franziskus über einen Monat aufgehalten haben. Neben der barocken Klosterkirche ist die alte Apotheke sehenswert, in der die Mönche studierten und Medizin für die Kranken des Klosterhospizes herstellten.
4. Etappe:
Am nächsten Tag wandern wir an der Grenze zwischen der Toskana und der Emilia Romagna entlang durch den alten Bergwald ins malerische Badia Prataglia im Herzen des Casentino. Mit seinen schmucken Häusern, die ein wenig alpenländisch anmuten, ist der Ort zum bekanntesten Bergkurort der Provinz Arezzo, in der wir uns befinden, geworden. Die romanische Kirche von Badia Prataglia ist das letzte Überbleibsel eines Benediktinerklosters aus dem 10. Jahrhundert.
5. Etappe:
Die Gemeinde Chiusi della Verna am südlichen Rand des Nationalparks, die wir am Ende dieses Teilstücks erreichen, zählt zu den spirituellen Höhepunkten auf unserem Weg. In einer Höhle im Tafelberg Monte Penna oberhalb des kleinen Ortes soll der heilige Franziskus seit 1214 gelebt und gewirkt haben. Im Jahr 1224 empfing er hier die Stigmata, die Wundmale Jesu. Heute steht hier das Franziskanerkloster La Verna, eine beliebte Wallfahrtstätte. Für die älteste Kirche des Klosterkomplexes, Santa Maria degli Angeli, soll der heilige Franziskus 1216 selbst den Grundstein gelegt haben. In der Kapelle der Basilika Santa Maria Assunta, die zwischen 1348 und 1509 erbaut wurde, werden Reliquien des Heiligen aufbewahrt - eine Geißel, ein Teil des Knotenstricks und des Stabes sowie ein blutgetränktes Stück Stoff.
6. Etappe:
Von den waldreichen Höhen des Apennins steigen wir gemächlich hinab in das Tal des Tiber, des drittlängsten Flusses Italiens. An seinem Ufer liegt Pieve Santo Stefano, unser heutiges Ziel.
7. Etappe:
Dem Verlauf des Tiber folgen wir nun in südliche Richtung, überqueren den Monte Fungaia und erreichen an seinem Fuße den Stausee Lago di Montedoglio, der die umliegenden Dörfer mit aufgestautem Tiberwasser versorgt. Weiter dem Tiber nach Süden folgend, kommen wir bald nach Santa Fiora, wo wir den Fluss erneut queren. So gelangen wir nach Sansepolcro - „heiliges Grab“ – das um das Jahr 1000 von zwei Pilgern, Arcanus und Ägidius, auf deren Heimweg aus dem Heiligen Land gegründet worden sein soll. Die erste urkundliche Nennung der Benediktinerabtei von Sansepolcro fand wenig später statt. Die Stadtpaläste und die Kathedrale zeugen noch von der großen Bedeutung, die die Stadt als Station auf dem Weg nach Rom hatte. Sehenswert ist auch das Museo Civico.
8. Etappe:
Nun führt uns der Weg links in ein Seitental hinein und dann rechts ansteigend, bis wir das Kloster Montecasale erreichen. Dieses ist von 12:00-15:30 Uhr geschlossen, ansonsten ist eine Führung durch die Anlage möglich. Das steinerne Bettlager, auf dem der Mönch geschlafen haben soll, ist heute noch zu sehen, ebenso eine Madonnenstatue, die noch aus der Zeit Franziskus’ stammt und die er angeblich bei der Zerstörung einer früheren Burg auf dem Montecasale gerettet hat. Hier soll der heilige auch drei Räuber zum Glauben bekehrt haben. Auf dem Bergrücken verläuft die Grenze zwischen der Toskana und Umbrien, die wir nun überschreiten und wieder ins Tibertal hinabsteigen zum heutigen Ziel Lama.
9. Etappe:
Wir wandern am Fuß der Berge entlang nach Città di Castello. Città di Castello blickt auf eine lange und bewegte Geschichte zurück. Die Stadt umbrischen oder etruskischen Ursprungs, die seit dem Jahr 89 v. Chr. römisch war, wurde im 6. Jahrhundert durch die Ostgoten verwüstet. Nach ihrem Wiederaufbau stand die Stadt unter der Herrschaft verschiedener Familien, bis Cesare Borgia die Stadt für Papst Alexander VI. – seinen Vater – dem Kirchenstaat einverleibte. 1860 wurde Città di Castello erobert und Teil des vereinigten Italiens. Interessante Museen, schöne Palazzi sowie die Kirche San Domenico aus dem 15. Jahrhundert dokumentieren die Geschichte der Stadt. Die traditionsreiche Weberei Tela Umbra ist das Aushängeschild von Città di Castello. Gemeinsam mit der bekannten Pädagogin Maria Montessori setzte sich die Amerikanerin Alice Hallgarten-Franchetti für die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Weberinnen ein, die zwar kostbare Stoffe produzierten, selbst aber kaum genug zum Leben hatten. Unter anderem gründete sie für die Kinder der Weberinnen eine Schule und einen Kindergarten nach den Prinzipien Montessoris. Die Lernmittel aus dieser Zeit sind ebenso wie Produkte der Weberei Tela Umbra in einem kleinen Museum ausgestellt. Eine weitere Sehenswürdigkeit in Città di Castello ist die Sammlung Burri. Im Palazzo Albizzini und in einigen ehemaligen Tabaktrockenhallen sind Werke Alberto Burris, einem der größten zeitgenössischen Künstler, ausgestellt. Weiter geht es noch ein kurzes Stück nach Sasso.
10. Etappe:
Auf dem Weg in Richtung Gubbio passieren wir die Provinzstadt Pietralunga. Mit ihrer intakten Stadtmauer und dem fünfeckigen lombardischen Turm aus dem 8. Jahrhundert mutet sie mittelalterlich an. Archäologische Funde der Etrusker und römische Hinterlassenschaften wie das prächtige römische Portal an der Kirche Santa Maria weisen jedoch auf eine viel frühere Besiedlung hin.
11. Etappe:
Unser nächstes Ziel ist Gubbio mit seinen weißen Mauern und Türmen. Die steil an den Monte Ingino gebauten Häuser, Palazzi und Kirchen aus Kalkstein wurden nach dem schweren Erdbeben von 1997 wiederaufgebaut. Auch Gubbio geht auf die Etrusker zurück und war einst ein wichtiges Zentrum der Umbrer. Im Palazzo dei Consoli, dem Priorenpalast, werden die einzigen erhaltenen Gesetzestafeln dieser Kultur, die Eugibinischen Tafeln, aufbewahrt. Auch der Palast selbst ist sehenswert. Die extreme Hanglage Gubbios hat den damaligen Architekten wahre Meisterleistungen abverlangt. Diese können wir nicht nur am Priorenpalast von 1332, sondern auch am Dom aus dem 13. Jahrhundert bewundern. Zudem besitzt Gubbio das zweitgrößte römische Theater weltweit.
12. Etappe:
Dem apenninischen Höhenzug weiter nach Süden folgend, wandern wir nun durch eine idyllische Hügellandschaft östlich von Mengara. Dort gibt es mehrere Möglichkeiten zur Übernachtung.
13. Etappe:
Heute geht es weiter nach Valfabricca. Der Ort hat sich um das von Benediktinermönchen aus Nonantola in der Emilia Romagna gegründete Kloster Santa Maria entwickelt und besitzt neben Resten der mittelalterlichen Befestigungsanlage und zwei Türmen eine sehenswerte romanische Kirche mit Fresken aus dem 14. Jahrhundert. Wie Città di Castello war auch Valfabbrica im Laufe seiner Geschichte Teil des Vatikan.
14. Etappe:
Nach zweiwöchigem Fußmarsch bricht der Apennin vor uns ab und wir blicken in das breite Tal des Topino. Unter uns, terrassenförmig an den Hängen des Monte Subasio erbaut, liegt unser Ziel: die Stadt Assisi. Die imposante Lage am Rand der Ebene, die mittelalterliche Struktur der Stadt mit ihren Kirchen sowie ihrer Befestigungsanlage und nicht zuletzt ihre religiöse Bedeutung als Geburts- und Sterbeort des heiligen Franziskus beeindrucken jeden Besucher. Mit großem Aufwand wurden auch hier die Schäden des schweren Erdbebens von 1997 beseitigt und die Stadt, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, erstrahlt wieder in altem Glanz. Obwohl die Stadt im 6. Jahrhundert von den Ostgoten weitgehend zerstört wurde, finden wir auch heute noch Reste römischer Architektur in Assisi: die Stadtmauern, den Marktplatz (oder Piazza del Comune), das Theater und das Amphitheater. Der Tempel der Minerva, der später zur Kirche Santa Maria sopra Minerva umgebaut wurde, stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Am Ende des Bergsporns im Westen der Stadt liegt die mächtige Doppelkirche San Francesco aus dem 13. Jahrhundert. Die Kirche, in der seit 1230 die Gebeine des Heiligen Franziskus begraben sind, gehört zu den sieben ranghöchsten katholischen Gotteshäusern. Die einmalig schönen Fresken in der Ober- und Unterkirche können wir nach ihrer Restaurierung in Folge des Erdbebens heute wieder bewundern. An die Doppelkirche schließt sich das Sacro Konvento, das Mutterhaus aller Franziskanerklöster an. Eine weitere wichtige Kirche in der Altstadt Assisis ist die Kirche Santa Chiara, die die sterblichen Überreste der heiligen Klara birgt. Die Kirche sowie das angrenzende Klarissinenkloster wurden in der Mitte des 13. Jahrhunderts errichtet. Wir verlassen das alte Zentrum Assisis und gehen ein kurzes Stück durch die Ebene in den neueren Stadtteil Santa Maria degli Angeli, der sich um die gleichnamige Kathedrale gebildet hat. Der siebtgrößte Kirchenbau der Welt wurde zwischen 1569 und 1679 um die kleine Portiunkula-Kapelle herumgebaut, in der der Heilige Franziskus im Jahr 1226 starb. Die Kapelle ist heute noch im Kirchenraum der Kathedrale zu sehen. Nicht weit davon entfernt liegt der Bahnhof, von dem wir zurück zu unserem Startpunkt in Sant’Ellero fahren können.
Peter Beutel
Jürgen Langer
Jürgen Langer